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Entrepreneurship für alle

Wie das Labor für Entrepreneurship arbeitet

Von Günter Faltin

Zwei schwedische Ökonomen, Jonas Ridderstråle und Kjell Nordström, gaben ihrem Buch „Funky Business“ den Untertitel: Wie kluge Köpfe das Kapital zum Tanzen bringen. Die zentrale These ihres Buches lautet: Die neuen Champions im Wirtschaftsleben werden die sein, die Ideen haben, auch wenn sie nicht über Kapital verfügen. Die Verlierer seien die Kapitalisten ohne Ideen.

Entrepreneurship ist Kunst. Wenn Sie sich zum künstlerisch-kreativen Arbeiten hingezogen fühlen, bleiben Sie dabei! Es ist die kreative Tätigkeit des Neuentwurfs, die Inspiration verlangt, Intuition und Einfühlungsvermögen, auch in soziale und gesellschaftliche Zusammenhänge. Wer aber Inspiration und Intuition sucht, braucht Muße, Abstand und jenen weiten Blick, den die Hektik des Alltags nicht zulässt. Versuchen Sie nicht, Betriebswirtschaftler zu werden – aber hören Sie ihm gut zu, wie einem Rechtsanwalt. Er arbeitet mit Techniken, die Sie zwingend benötigen. Lassen Sie jedoch nie zu, dass diese Mittel zum Ziel werden – weil Sie das aus der Erfolgsspur werfen würde. Entdecken Sie Ihre kindliche Neugier wieder, und lassen Sie sich nicht von konventionellen Vorstellungen beeindrucken, auch und gerade nicht in der Wirtschaft. Dann haben Sie eine gute Chance, Langweilern und Geschäftemachern etwas Besseres entgegenzusetzen. Arbeiten Sie an Ihrem Konzept so lange, bis es Sie selbst völlig überzeugt.

„Knowledge is not the secret, nor is money“, sagt Anita Roddick, die Gründerin des Bodyshops. „What one needs is optimism, humanity, enthusiasm, intuition, curiosity, love, humour, a sense of joy, magic and fun. None of these things are in the curriculum of a business school.“

Entrepreneurship hat viel mit Kunst gemein: Kreativität, Inspiration und das Einfühlungsvermögen in gesellschaftliche Zusammenhänge
Foto: photocase

Entrepreneurship bietet die Chance, mit unkonventio­nellen Ideen und Sichtweisen zu arbeiten und gerade damit erfolgreich am Wirtschaftsleben teilzuhaben. Eine solche „Kultur des Unternehmerischen“ bezieht bewusst Personen wie Künstler, Außenseiter oder sozial engagierte Menschen ein, die bisher in der Welt der Wirtschaft weder für sich Handlungschancen sahen, noch als Anreger oder Akteure geeignet erschienen. In meinen Workshops achte ich darauf, dass die Teilnehmer aus völlig unterschiedlichen Bereichen kommen. Damit kann man aus einem weiten Spektrum von Ideen und Sichtweisen schöpfen. Es ist hilfreich, Personen einzuladen, die sich bereits in sozialen oder politischen Fragen engagieren, weil sie den Blick auf Zustände lenken, die verbesserungswürdig sind. Bei ihnen spürt man die Energie, etwas zu tun. Es kommt dann nicht selten vor, dass Teilnehmer nicht länger auf Großorganisationen warten wollen, sondern im Entrepreneurship den richtigen Weg erkennen, ihre Vorstellungen schneller und präziser umzusetzen, und sich dabei sogar eine ökonomische Lebensperspektive eröffnen.

Spätestens an dieser Stelle werden Sie sich fragen, ob das hier Gesagte wirklich realistisch sei und nicht etwa nur Wunschvorstellungen wiedergebe. Sehen wir uns also den Gegenstand genauer an.

Im deutschen Sprachgebrauch fehlt ein treffender Begriff für dieses schreckliche französisch-amerikanische Mischwort Entrepreneurship. Auch ein einschlägiges Wirtschaftslexikon wie das des Gabler-Verlags zu Unternehmensgründung räumt ein: „Für Entrepreneurship existiert im Deutschen kein Äquivalent.“ Dahinter verbirgt sich ein aufschlussreicher Sachverhalt. Die im angelsächsischen Sprachraum gebräuchliche Unterscheidung zwischen Entrepreneurship auf der einen Seite und Business Administration auf der anderen wird hierzulande kaum rezipiert. Das Fehlen differenzierter Begriffe lässt den Schluss zu, dass der Gegenstand selbst auch nicht genügend differenziert wird. Wo das Verständnis oberflächlich bleibt, fehlen naturgemäß auch präzise Begriffe. Entrepreneurship bezieht sich auf das Neue, Unerprobte, Wagemutige, das am Markt durchgesetzt werden soll, während der Begriff Business Administration den Aspekt der Verwaltung eines Unternehmens benennt.

Dabei hat es zunächst den Anschein, als ob die Angelegenheit klar und unumstritten sei: Um ein Unternehmen zu gründen und zu führen, brauche man gute betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Sich diese Kenntnisse anzueignen und sachkundig anzuwenden, sei von ausschlaggebender Bedeutung. Je besser der Gründer Management, Marketing und Finanzierung beherrsche, desto größer die Erfolgschancen. Diese von der Betriebswirtschaftslehre wie auch in der Praxis der Gründerberatung vorgetragene Sichtweise scheint zunächst höchst plausibel.

Eine solche Position hatte in der Vergangenheit ihre Berechtigung. So lange die Wissensgebiete überschaubar blieben, dass mit nötigem Nachdruck und Einsatz die Chance vorhanden war, sich zumindest ein Stück weit, wenn man nicht selbst bereits Betriebswirtschaftler war, in die umfangreiche Materie einzuarbeiten, war es möglich, zumindest rudimentäre Kenntnisse und Fähigkeiten in Betriebswirtschaftslehre zu erwerben. Mit der enormen Zunahme von betriebswirtschaftlichem und rechtlichem Wissen stehen wir heute vor einer neuen Situation. Lassen wir die notwendigen Wissensbestände in ihren Überschriften Revue passieren – wie etwa Buchhaltung, Rechnungswesen, Bilanzierung, Arbeitsrecht, Steuerrecht, Unternehmensrecht, Branchenerfahrung, Management, Organisation, Marketing, Vertrieb, Finanzierung, Kundenkommunikation und Öffentlichkeitsarbeit. Kaum vorzustellen, dass nicht betriebswirtschaftlich vorgebildete Gründer sich in diese Gebiete in befriedigender Weise einarbeiten können. Allein schon die Steuerfragen verlangen nach Spezialisten, ebenso wie das Arbeitsrecht.

Dazu kommt, dass potentielle Gründer von der Aussicht, sich vor allem mit Fragen der Betriebswirtschaft befassen zu müssen, abgeschreckt werden. Selbst die, die sich darauf einlassen, erlangen allzu oft nur dilettantische Kenntnisse und Fertigkeiten. Heißt Entrepreneur zu sein, Betriebswirtschaftler sein zu müssen?

Folgt man der deutschsprachigen Literatur zum Thema Unternehmensgründung, so legt diese eindeutig den Nachdruck auf die Bewältigung der betriebswirtschaftlichen Probleme. Wo bleibt die Idee des Gründers? Sie wird nur am Rande erwähnt. Die vorherrschende Auffassung ist, dass der Gründer die Idee mitbringe. Der entscheidende nächste Schritt sei es dann, diese Idee betriebswirtschaftlich zu überprüfen und mit realistischen Vorgaben umzusetzen – in der Regel mit Hilfe eines Business-Plans. „Ideen gibt es viele, auf die Umsetzung kommt es an“, ist ein häufig genannter Satz. Was soll schon eine Idee wert sein? Es mag auch ein Stück an dem deutschen Wort „Idee“ liegen mit seinem Klang nach einem ersten Einfall, etwas Flüchtigem, theoretisch Abgehobenem und vielleicht auch Idealistischem. Die Möglichkeit, dass eine eigene, sorgfältig durchdachte Idee den Ausschlag für den Gründungserfolg geben könnte, kommt hier gar nicht vor.

Unternehmungsgründungen entstehen heute nicht nur aus technisch-naturwissenschaftlichen Entwicklungen, sondern auch als konzeptkreative Gründungen. Dieser Trend wird sich in der Wissensgesellschaft noch verstärken.

Die angelsächsische Literatur ist Ideen gegenüber deutlich aufgeschlossener. Geht man von Timmons’ Modell aus, das als Standard in der Diskussion angesehen werden kann, so kann man die Erfolgsfaktoren in drei Gruppen zusammenfassen: Personen, Idee, Ressourcen. Hier wird also einer durchdachten und ausgearbeiteten Idee – „a developed and refined concept“ – immerhin ein Platz eingeräumt. Aber auch diese Denkrichtung legt den Schwerpunkt auf die Organisation der Ressourcen und die betriebswirtschaftliche Kompetenz von Gründer und Management.

Aus langjähriger eigener Beschäftigung mit dem Gegenstand und der Beobachtung und Begleitung von erfolgreichen Gründungen halte ich einen neuen, zeitgemäßeren Zugang für sinnvoll. Wenn Entrepreneurship nicht auf einen verschwindend kleinen Teil der Bevölkerung beschränkt bleiben soll, von denen, wie die Statistiken zeigen, dann auch noch ein hoher Teil als Gründer scheitert, so müssen wir, wie auf anderen Gebieten auch, stärker arbeitsteilige Verfahren finden. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Die professionelle betriebswirtschaftliche Organisation eines Unternehmens ist heute unabdingbar – und viel zu wichtig, als dass man sie Anfängern und Dilettanten überlassen könnte.

Die Teekampagne wurde zum weltweit größten Importeur von Darjeeling-Tee
Foto: Projektwerkstatt

Das heißt im Umkehrschluss: Unternehmensgründer soll auch werden können, wer seine Leidenschaft nicht in der Betriebwirtschaftslehre sieht. Wenn man den Gedanken der Arbeitsteilung auf das Gebiet des Entrepreneurship anwendet, statt Überforderung und Dilettantismus zu fördern, eröffnet dies vielen Menschen die Chance zu partizipieren, nicht nur betriebswirtschaftlich geschulten Gründern und Ökonomen. Erfolgreiche Ökonomie entsteht durch neue Ideen, begleitet von erprobten betriebswirtschaftlichen Instrumenten. Die Chance besteht dann darin, mittels Arbeitsteilung das komplexe Phänomen Unternehmensgründung in die zwei Grundfunktionen – Entrepreneurship und Business Administration – zu zerlegen.
Halten wir uns das spektakuläre Scheitern zahlreicher Gründungen der New Economy vor Augen. In den USA zogen in den Jahren 1995 bis 2000 viele der so genannten Start-ups die besten Managementtalente an und verfügten über exzellente Kapitalausstattung. Daran kann ihr Scheitern also nicht gelegen haben, und niemand wird bestreiten, dass das Internet ausgezeichnete unternehmerische Möglichkeiten bietet. Hervorragende Manager standen den Gründern zur Seite, und private Kapitalgeber beteiligten sich bereitwillig am Risiko. Weshalb dann die hohe Quote des Scheiterns? Heute weiß man: es fehlten durchdachte und ausgereifte unternehmerische Ideen. Eine Technik allein ist noch kein ausreichendes Konzept für eine Unternehmensgründung. Wo dieses nicht vorhanden ist, helfen auch Kapital und Management nicht weiter. Das ist die Lektion des ersten Internet-Booms. Entscheidend ist nicht die Qualität einer Erfindung oder Technik, sondern ihre Akzeptanz auf dem Markt. Der Erfinder oder der Forscher mag eine hervorragende Leistung vollbracht und den Nobelpreis dafür bekommen haben, über den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens entscheiden die Käufer, nicht das Nobelpreiskomitee.

Das notwendige Bindeglied zwischen Erfindung oder Technik auf der einen und dem wirtschaftlichen Erfolg im Markt auf der anderen Seite ist die unternehmerische Idee, das Konzept oder präziser: das „Entrepreneurial Design“ – in der deutschen Literatur wird zunehmend der Begriff Geschäftsmodell verwendet. Die wörtliche Übersetzung des amerikanischen „Business-Model“ ist jedoch eine höchst unglückliche Wortschöpfung, denn sie reduziert die notwendige Ideenarbeit ausgerechnet auf das Wort „Geschäft“, während der Begriff „Modell“ nach Theorie klingt, obwohl das Konzept doch gerade an seiner Praxistauglichkeit gemessen werden muss.

Die Idee kann durchaus einfach sein. Allerdings stehen einfache Ideen oft erst am Ende, nicht am Anfang eines Denkprozesses. Die deutsche Firma Aldi oder der schwedische Konzern Ikea sind Beispiele dafür, wie die einfachen Ideen, auf teure Geschäftsausstattung zu verzichten oder Möbel vom Käufer zusammensetzen zu lassen, ihre Branchen revolutionierten.

Die Teekampagne hat mit zwei kleinen Innovationen, der Einführung von Großpackungen bei Tee und der Ausschaltung von Zwischenhandelsstufen, derart hohe Kostenvorteile erzielen können, dass sie sich zum weltweit größten Importeur von Darjeeling-Tee entwickeln konnte. Unsere Managementqualifikationen und das eingebrachte Kapital dagegen waren zu Beginn gering.

Ein gutes unternehmerisches Konzept zu entwickeln, ist eine Herausforderung. Ob es harte Arbeit darstellt oder durch vergnügtes Nachdenken geschieht, sei dahingestellt. Viele Wege geht man besser im Kopf als zu Fuß. Auf jeden Fall aber braucht es Zeit. „Sometimes one needs as much as ten years and 50.000 chunks of information before an entrepreneurial concept is born“, sagt Prof. Simon von der Carnegie Mellon University. Simons Erfahrung soll nicht abschrecken, sondern belegen, dass eine gut durchdachte Geschäftsidee eben nichts Belangloses und Flüchtiges ist, das erst durch „betriebswirtschaftliche Umsetzung“ Substanz gewinnt.

Warum der Begriff Labor? Wie in einem naturwissenschaftlichen Labor kann man systematisch an der Entwicklung eines innovativen Konzepts arbeiten. Dazu wird das „Rohmaterial“ – ein technisches Patent, eine neue Technik oder ein Forschungsergebnis – weiterbearbeitet. Man muss also nicht auf die Eingebung oder den genialen Einfall warten: Ein systematisches Vorgehen ist möglich, bis ein Erfolg versprechendes Konzept entsteht, so wie es der amerikanische Gründerforscher Karl Vesper bei einer Untersuchung von über 100 erfolgreichen Unternehmern festgestellt hat. Ein gut durchdachtes Business Model muss den Transfer leisten, aus einem technischen Patent, einem Forschungsergebnis oder einer neuen Technologie ein Produkt oder eine Dienstleistung zu formen, die am Markt auch Käufer findet.

Ein ausgearbeites Business Model sollte möglichst aus mehreren Komponenten zusammengesetzt sein, die so miteinander verbunden sind, dass es Stöße von außen (neue Konkurrenz, unerwartete Marktereignisse) auffängt und zurück zu einer stabilen Position findet. In der Physik geschieht das zum Beispiel dadurch, dass der Schwerpunkt einer Figur unterhalb ihres Auflagepunktes liegt. Im Markt passiert es nicht selten, dass ein Wettbewerber einen besseren Preis, eine bessere Qualität oder einen anderen Marktvorteil entwickelt. Es ist dann für das Überleben entscheidend, dass das Business Modell auf mehr als nur einem Bein steht, das heißt auf mehr als eine Komponente zurückgreifen kann, die ein Überleben am Markt sichern.

Die angelsächsische Literatur trennt die Funktion des Entrepreneurs von der des Managements. Sie macht damit deutlich, dass sich die Felder nicht nur aus praktisch-organisatorischen Gründen trennen lassen, sondern, dass sie eine Trennung geradezu verlangen, weil völlig unterschiedliche Anforderungen gestellt werden. Entrepreneurship ist im Kern ein kreativer Akt, es sei die Fähigkeit, sagt Timmons, etwas praktisch aus dem Nichts zu schaffen. Entrepreneurship verlangt daher einen kreativen, schöpferischen „Mind Set“, während Business Administration die ordnenden, kontrollierenden, verwaltenden Fähigkeiten voraussetzt.

Die meisten Menschen verfügen aber nicht über beide Fähigkeiten. Daher überfordert man den Gründer, wenn man ihm beides aufbürdet. Folgt man diesem Argument, so ergibt sich die Notwenigkeit von Arbeitsteilung, aber damit auch die Chance, den Gründer für die kreativen, schöpferischen Teile freizustellen. Konsequent zu Ende gedacht hieße das: Als Gründer müssen Sie an Ihrem Unternehmen arbeiten, nicht notwendigerweise in Ihrem Unternehmen.

„Small is beautiful“ – das mag ja sein, werden Sie sagen. Vielleicht ist man auch flexibler als die Großen und hat keinen umfangreichen Verwaltungsapparat am Hals. Aber hat man als kleines Unternehmen nicht ökonomisch entscheidende Nachteile? Kleine Serien, große Stückkosten, kein Geld für Forschung und Entwicklung sowie für Marketing?

Märkte und Infrastruktur haben sich in einer Weise verändert, die die tradierten Auffassungen von Klein und Groß mehr und mehr als obsolet erscheinen lassen. Auch kleine Unternehmen haben heute in einer Weise Handlungschancen, die denen der Großen praktisch gleichkommen. Der Schlüssel dazu liegt in der Offenheit und Transparenz moderner Märkte sowie der Professionalität und Sicherheit in der Abwicklung.

Heute gibt es spezialisierte Logistik-Dienstleister, derer sich jeder bedienen kann. Sie müssen nicht selbst die Qualitätsprüfung der Ware übernehmen, sie verpacken oder versenden. Das machen moderne Dienstleister qualifiziert und zuverlässig, vor allem auch preiswerter, als wenn Sie es selbst tun würden. Was Ihnen nicht abgenommen wird, ist die Idee, das Konzept, das Design, wie Sie diese Möglichkeiten nutzen wollen.

Die Gründer von Skype, des Telefonieanbieters über Internet, führten dieses Prinzip im Hightech-Bereich vor. Skype benutzt eine Standardtechnologie, Voice-over-Internet-Protocol, und macht damit den Telekom-Konzernen Konkurrenz, und das zu Preisen, die weit unter denen der Konzerne liegen. Übrigens können Sie selbst diesen Service anbieten. Die Technik, also die gesamte Software und Hardware, einschließlich des Abrechnungssystems, können Sie für deutlich unter 1.000 Euro installieren und damit sogar Skype Konkurrenz machen.

Ein Businessmodell muss auf mehr als nur einem Bein stehen können
Foto: Wannenmacher

Sie können, so unwirklich Ihnen das im Moment auch scheinen mag, im „Konzert der Großen“ mitspielen. Sie sollten sich aber vernünftigerweise beschränken, etwa auf ein einziges Produkt oder eine einzige Dienstleistung. Marketingexperten werden Sie von Diversifikation überzeugen wollen, damit Sie Ihr Risiko verteilen. Aber seien Sie vorsichtig: Sie bezahlen mit rasch zunehmender Komplexität und höheren Stückkosten. „Put all your eggs into one basket“, sagte schon Andrew Carnegie. Die Chance, dass Sie in einer einzigen Angelegenheit sachverständig werden, den Überblick behalten und in dieser einen Sache besser sind als die vorgefundenen Konventionen, wiegt das Risiko der Beschränkung auf.

Verfolgt man das Prinzip der Arbeitsteilung konsequent weiter, kommt man zu einer Rolle des Entrepreneurs, vergleichbar mit der eines Komponisten. Der Komponist schreibt seine neue Melodie. Er ist nicht notwendigerweise auch Dirigent oder Musiker im Orchester. Der Entrepreneur „komponiert“ aus den ihm zur Verfügung stehenden „Noten“ seine neue wirtschaftliche Symphonie. Das Management „dirigiert“ die für das Unternehmen notwendigen Tätigkeiten und Prozesse. Die einzelnen Prozesse wie die Produktion, der Transport, das Abfüllen oder das Versenden erfüllen die „Musiker“ auf hoch professionelle Weise.

So verstanden ist Entrepreneurship nicht länger etwas völlig Außergewöhnliches, sondern steht im Prinzip viel mehr Menschen offen, als wir uns bisher vorstellen konnten. Darüber hinaus bietet es die Chance eines spannenden, selbstbestimmten Lebens.

Auch der Komponist hat nicht alle Instrumente zu spielen gelernt, so wie der moderne Kapitän nicht Maschinist, Softwarespezialist und Navigationsexperte in einem ist. Es geht um die Beherrschung des Instrumentariums insgesamt, um die Fähigkeit zur Neukombination, um die Abstimmung und Koordination der einzelnen Instrumente, nicht um Ausbildung an einzelnen Instrumenten. Wir müssen uns den Entrepreneur als Komponisten vorstellen, der ein Ziel vor Augen hat und sein Instrumentarium einzusetzen versteht. Solche „Komponisten“ finden wir auf dem Markt bisher selten. Vielleicht wird damit verständlich, wie selbst so einfache Konzepte wie das der Gebrüder Albrecht, des Schweizers Gottlieb Duttweiler, die Ikea-Idee des Ingvar Kamprad, aber auch der Teekampagne oder des eBuero so durchschlagenden Erfolg hatten. Unter Blinden ist der Einäugige König, sagt das Sprichwort. Wenn die Welt des Marktes von „Geschäftshubern“ und bloßer Gewinnmaximierung bestimmt wird, haben sogar kleine Ideen eine große Chance. Aus der Kunst wissen wir, dass Geschäftstüchtigkeit allein in der Regel nicht zum Erfolg führt. Könnte es sein, dass dies auch für das Wirtschaftsleben gilt?


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