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Sensornetze überwachen die Ostsee


von Jochen H. Schiller

Für viele Einsatzzwecke im alltäglichen Lebens muss die Einhaltung gewisser Parameter überwacht werden: In chemischen Anlagen können dies Temperaturen von Flüssigkeiten sein, bei Gebäuden Bewegungen in Räumen, die auf Einbrecher hindeuten könnten, bei Tieren Bewegungsmuster, die Rückschlüsse auf Herdenverhalten zulassen. Mit Hilfe kleinster Computer, robuster Funktechnik und einfacher Sensoren kann heute kostengünstig und flexibel beispielsweise die Temperatur von Gewässern, wie etwa der Ostsee, dreidimensional erfasst und überwacht werden. In seinem Beitrag schildert Jochen H. Schiller, worauf die Technik dieser selbst-konfigurierenden Sensornetze basiert und in welcher Form sie zum Einsatz kommt.

Für Sensornetze ist wesentlich, dass die zum Einsatz kommenden Sensoren regelmäßig oder auf Anforderung hin einen oder mehrere Werte messen, um diese Daten an eine Zentrale weiterzuleiten. So werden heute schon in so genannten intelligenten Gebäuden Temperatur, Luftqualität, Helligkeit, Feuchtigkeit, Geräusche, Vibrationen überwacht und an eine Zentrale weitergeleitet, die dann das Licht, die Heizung, die Klimaanlage steuert – oder im Ernstfall automatisch die Polizei bei einem entdeckten Einbruch alarmiert. Ebenso überwachen mehrere Tausend Sensoren viele Parameter in einem Flugzeug: Motorendrehzahl, Öldruck oder Geschwindigkeit – und leiten die Daten ins Cockpit zum Steuerrechner und Piloten weiter. Die Überwachung der Umwelt in vielfältigen Szenarien ist also nichts Neues.

Allerdings bergen traditionelle Systeme mehrere Probleme in sich: Sie sind unflexibel, teuer und fehleranfällig. Sensoren zur Messwerterfassung werden meist über Kabel an einen Rechner angeschlossen, es müssen also Kabel vor einem Einsatz verlegt werden. Weiterhin ist der Sensor bei einem Kabelbruch unbrauchbar. Da sich je nach Einsatzgebiet ganz unterschiedliche Systeme zur Messwerterfassung entwickelt haben, also in der chemischen Industrie, im Umweltbereich oder in Fahrzeugen, gibt es auch eine Vielzahl spezieller, oft proprietärer Systeme, die nicht miteinander kompatibel sind. Dies macht die Sensoren und auch die benötigten Rechner zur Datenerfassung teuer. Zudem ist es mit traditionellen Systemen sehr schwer, spontan und bei Fehlen einer Infrastruktur Messwerte zu erfassen – beispielsweise Temperaturen in einem Waldbrandgebiet, Gaskonzentrationen in einem brennenden Haus oder die Einhaltung einer demilitarisierten Zone in einem Krisengebiet. Schließlich zeichnen sich traditionelle Systeme oft durch eine so hohe Komplexität aus, dass sie nur von Spezialisten installiert und betrieben werden können. Die Sensoren müssen konfiguriert, die Kommunikationsnetze verbunden und die zugehörigen Rechner speziell aufgesetzt werden.

Wie kann nun eine neue Technik die oben gestellten Anforderungen erfüllen? Ein System, das flexibel einsetzbar ist, von Laien installiert werden kann, weitgehend Standardtechniken verwendet, kostengünstig ist und dabei auch noch robust und wenig fehleranfällig? Durch die stetigen Fortschritte in der Halbleitertechnik können seit wenigen Jahren immer mehr Funktionen kostengünstig in kleinen Prozessoren integriert werden. Weiterhin gibt es in jüngster Zeit immer neuere und leistungsfähigere Funktechniken auf dem Markt. Aus diesem Grund kommen so genannte drahtlose Sensornetze häufig auch im zivilen Bereich zum Einsatz. Ein drahtloses Sensornetz dient der Sammlung von Daten über ein gewisses Gebiet oder gewisse Objekte und besteht aus einer Vielzahl kleiner Sensorknoten. Die Zahl der Knoten kann dabei zwischen zehn und 10.000 – oder darüber hinaus – variieren. Aus diesem Grund sollen die Sensorknoten klein und billig sein. Jeder Knoten ist mit einem kleinen Prozessor, einem so genannten Mikrocontroller, einem oder mehreren Sensoren, einer Funkkomponente und einer Energieversorgung ausgestattet. Als Energieversorgung kommen Batterien, Solarzellen oder weitere Techniken in Frage, die Energie aus der Umwelt des Sensors gewinnen können (Thermoelemente, Piezokristalle, Dynamos). Da Sensornetze aus einer sehr großen Zahl an Knoten bestehen sollen, kommt eine direkte Wartung oder Konfiguration durch Menschen nicht mehr in Frage. Aus diesem Grund ist eine Selbstkonfiguration und Selbstüberwachung essentiell. Weiterhin muss besonders auf Energie sparende Techniken geachtet werden, da oft nicht viel Energie von der Umgebung zur Verfügung steht beziehungsweise schonend mit Batteriereserven umgegangen werden muss.

Sensornetze arbeiten nicht isoliert in ihrer Umwelt, sondern benötigen typischerweise noch eine Anbindung an bestehende Infrastrukturen oder einen Rechner, der die Messwerte sammelt. Hierbei setzt sich mehr und mehr die Internet-Technik zur Datenkommunikation durch. Dies bedeutet beispielsweise für einen Nutzer, dass mit einem normalen Browser auf die Sensorwerte zugegriffen oder auch das gesamte Sensornetz neu programmiert werden kann. Durch die Programmierung des Sensornetzes kann dann bestimmt werden, wie oft welche Messwerte erfasst werden sollen (zum Beispiel Temperatur alle zwei Minuten, Vibration alle zehn Sekunden) oder ab wann automatisch ein Alarm generiert werden soll, wie beispielsweise bei dem Überschreiten der Temperaturgrenze von 25 Grad.

Alle Sensorknoten sind im Prinzip kleine autonome Rechner, die über Funk mit der Umwelt kommunizieren können und auch in der Lage sind, gewisse Berechnungen direkt auf ihrem Prozessor durchzuführen.

Abbildung 1 zeigt auf der linken Seite eine schematische Darstellung von Sensorknoten und ihrer (idealisierten) Funkreichweite r. Um schonend mit der vorhandenen Energie umzugehen, sollte jeder Sensorknoten nur so stark senden müssen, dass er gerade zwei oder drei – mindestens natürlich einen – Nachbarn erreicht. Sendet der Knoten zu schwach, so kann er seine Messwerte nicht weiterleiten. Sendet er zu stark, hat er zwar mehr Nachbarn zur Auswahl, stört jedoch viele andere Knoten und verbraucht zu viel Energie. In dem gezeigten Beispiel ergibt sich damit ein Verbindungsgraph, wie in Abbildung 1 (auf der rechten Seite) dargestellt. Erfasst nun ein Knoten über einen seiner Sensoren einen Messwert, so kann er diesen über seine Kurzstreckenfunktechnik an Nachbarn weiterleiten, die den Wert dann wiederum weiterleiten, bis der Wert einen Knoten erreicht hat, der dann beispielsweise mit der Datenfunktechnik GPRS (General Packet Radio Service) mit dem Internet verbunden ist. GPRS ist mit dem heutigen Mobilfunknetz in vielen Ländern fast flächen-deckend verfügbar und wird oft zur Datenübermittlung genutzt. Alternativen sind natürlich Festnetze oder auch Satellitenfunksysteme.


Abbildung 1: Schematische Darstellung von Sensorknoten

Wie bereits an diesem einfachen Beispiel zu erkennen ist, gibt es mehrere Wege zur Datenweiterleitung im Sensornetz. Hier sind zwei (A und B) von vier möglichen Wegen dargestellt. Drahtlose Sensornetze müssen die Wegewahl und Weiterleitung von Daten beherrschen. Gerade hierauf konzentriert sich ein Großteil der Forschung, da durch eine geschickte Wahl der Wege Energie gespart und ein Sensornetz robuster gemacht werden kann. Fällt nämlich ein Knoten aus, so muss das System automatisch eine alternative Route finden. geschickterweise werden Daten vorrangig über die Sensorknoten weitergeleitet, die noch über ausreichend Energie verfügen – sei es, weil ihre Solarzellen von der Sonne beschienen werden, sei es weil sie größere Batterien besitzen.

In der Arbeitsgruppe Computer Systems & Telematics am Institut für Informatik der Freien Universität wurde in den vergangenen drei Jahren die Sensornetz-Plattform ScatterWeb (www.scatterweb.net) entwickelt. ScatterWeb bietet eine verteilte Plattform zur spontanen Installation von Sensornetzen und umfasst sowohl Hardware als auch Software.

Abbildung 2 zeigt eine typische Konfiguration für ein Sensornetz, das auf ScatterWeb beruht. Viele Sensorknoten, die bei ScatterWeb mit ESB (Embedded Sensor Board) bezeichnet werden, können in einer größeren Umgebung zur Überwachung einer Vielzahl von Parametern wie Temperatur, Vibration oder Licht verteilt werden. Die Sensorknoten können ihre Daten über andere Sensorknoten zu leistungsfähigeren Knoten oder Datensenken weiterleiten. In ScatterWeb arbeiten so genannte Embedded Web Server (EWS) als Schnittstelle zu anderen Netzen (Bluetooth, GPRS, lokale Netze, Internet) und können auch eine leistungsfähige Infrastruktur für das Sensornetz bilden. Alle Komponenten, also ESB und ESW, können spontan ausgebracht werden, worauf eine automatische Topologieerfassung und Autokonfiguration startet. Dies bedeutet, dass Knoten automatisch lernen können, wo sie sich befinden, wo ihre Nachbarn sind und wohin sie Daten weiterleiten müssen.


Abbildung 2: Typische Konfiguration für ein Sensornetz, das auf
ScatterWeb beruht

Wie bereits erläutert, benötigen Sensornetze unter Umständen eine große Anzahl an Sensorknoten, um flächendeckend eine Datenerfassung durchzuführen oder beispielsweise eine größere Viehherde überwachen zu können. Alle Knoten zusammen bilden ein so genanntes Ad-hoc-Netz, wobei einige oder alle Knoten als Datenquellen, Datenvermittler oder Datensenken fungieren können. Ein voll ausgestatteter Sensorknoten, wie er auch in der Lehre an der Freien Universität und an über einem Dutzend weiterer Einrichtungen verwendet wird, verfügt über Sensoren für Licht, Geräusche, Vibration, Infrarot, Bewegung und kann sich auch über einen Lautsprecher beziehungsweise Leuchtdioden bemerkbar machen. Falls gewünscht, können entsprechend ausgestattete Sensorknoten auch Bilder mit Hilfe einer eingebauten Kamera aufnehmen und per Funk übermitteln. Eine präzise Uhr kann allen Messwerten einen Zeitstempel mitgeben. Weiterhin erlaubt ein einfaches Funkmodul die Übertragung der Daten über rund 300 Meter im Freien, ein leistungsstärkeres Modul über bis zu vier Kilometer. Voll ausgestattete Knoten werden im Allgemeinen zur Anwendungsentwicklung und zum Test verwendet. Für konkrete Anwendungen werden dann, basierend auf der gleichen Technologie, maßgeschneiderte Lösungen entwickelt, welche dann bei größeren Stückzahlen deutlich kostengünstiger sind. Trotzdem sind die voll ausgestatteten Knoten bereits sehr energiesparend ausgelegt. So benötigt ein Sensorknoten beim Erfassen von Messwerten gerade einmal zwölf Milliampere, nur noch acht zum Senden der Daten. Wird der Knoten per Software „Schlafen gelegt“, so fällt die Stromaufnahme auf etwa acht Mikroampere. Dies erlaubt einen mehrjährigen Betrieb auch mit normalen Batterien, selbst wenn beispielsweise alle 30 Sekunden ein Sensorwert übermittelt wird. Bezieht der Sensorknoten seine Energie aus der Umwelt, so ist im Prinzip die Lebensdauer unbegrenzt.

Natürlich wollen Nutzer von Sensornetzen möglichst einfach auf diese zugreifen. Der komfortabelste Weg hierfür ist heutzutage ein Browser, wie er auch zum Surfen im Internet verwendet wird. Browser gibt es nicht nur auf dem PC, sondern auch auf Laptops, PDAs (Persönliche Digitale Assistenten) und auf dem Mobiltelefon. So kann ein Wartungstechniker bequem mit dem Handy nach dem Stand der Temperaturen in einer chemischen Anlage schauen oder ein Förster den Wildwechsel am Laptop nachvollziehen, wenn Waldlichtungen mit Sensorknoten überwacht werden. Hierzu ist es notwendig, dass Übergänge vom Sensornetz zu einer Vielfalt anderer Fest- und Mobilnetze geschaffen werden. Im Rahmen von ScatterWeb sind bisher folgende Übergänge entworfen worden:

• USB: Ein USB- (Universal Serial Bus) Adapter ermöglich den Zugriff auf das Sensornetz von jedem PC mit entsprechender Schnittstelle. Genauso wie beispielsweise eine Maus mit einem PC verbunden werden kann, so kann auch ein Sensornetz dank dieses Adapters mit dem Rechner verbunden werden.

• Ethernet: Bei der Vernetzung von Gebäuden herrscht heute der Ethernet-Standard vor. Jeder Rechner kann so im Büro oder auch zu Hause einfach und leistungsfähig vernetzt werden. Im Rahmen von ScatterWeb ist eine Komponente entwickelt worden, die nicht nur die einfache Anbindung eines Sensornetzes an ein lokales Netz basierend auf Ethernet ermöglicht, sondern zusätzlich auch noch einen Web Server integriert. Für den Nutzer bedeutet dies, dass ein Sensornetz ohne jegliche Installation von zusätzlicher Software nutzbar ist: Sensorknoten verteilen, Ethernet-Adapter anschließen – und schon können die Messdaten im Browser auf einem Laptop angezeigt werden.

• Bluetooth: Immer mehr Mobiltelefone oder auch PDAs sind mit der Nahbereichsfunktechnik Bluetooth ausgestattet. Mit dem Übergang Bluetooth–Sensornetz ist es möglich, dass beispielsweise ein Wartungstechniker mit einem PDA durch ein Gebäude läuft und sich direkt vor Ort per Funk mit dem Sensornetz im Gebäude verbinden kann. So kann in Räumen direkt der Zustand desselben abgefragt werden: Wie war der Temperaturverlauf der vergangenen 24 Stunden? Liegen Funktionsstörungen in der Verdunklung vor? Müssen die Leuchtstoffröhren bald ausgewechselt werden?

• GPRS, RS485: Auch für die Anbindung an Weitverkehrsfunkdatennetze, wie GPRS, oder Kommunikationstechniken zur Vernetzung von Messgeräten, wie RS485, wurden passende Schnittstellen im Rahmen von ScatterWeb entworfen. Weitere Schnittstellen sind in der Entwicklung.

Unabhängig davon, welcher Übergang in das Sensornetz gewählt wird, ist das Grundprinzip stets das gleiche: Nutzer sollen mit vertrauter, einfacher Technik auf Messwerte zugreifen und dabei das Gerät ihrer Wahl nutzen können. Die automatische Konfiguration des Netzes, das Wählen von Alternativwegen, falls Knoten ausgefallen sind, sollen dabei den Knoten selbst überlassen werden.

ScatterWeb bietet auch die Software, die zum Betreiben von Sensornetzen notwendig ist. Hierzu gehören Programme zum Umkonfigurieren der Aufgaben der Sensorknoten, zur Abfrage aller Sensoren, zum automatischen Verteilen von Software innerhalb des Sensornetzes, zur Steuerung des Energiesparverhaltens. Die Software wird hierbei über einen der Übergänge in das Netz hineingebracht und kann sich dann selbst über Funk innerhalb des Sensornetzes verbreiten. Die Sensorknoten stellen sicher, dass keine Daten verloren gehen oder Programmfehler die Knoten zum Absturz bringen. Ein wesentlicher Vorteil ist hierbei, dass sich ScatterWeb – soweit es irgendwie geht – auf bekannte Kommunikationsprotokolle aus dem Internet-Bereich stützt. Protokolle wie TCP/IP (Transmission Control Protocol/Internet Protocol) und HTTP (Hypertext Transfer Protocol), die Millionen von Menschen das Internet auf einfache Weise als World Wide Web nutzen lassen, werden hier auch zum Zugriff auf die Sensorwerte eingesetzt.

Für Meeresforscher ist es oft interessant zu wissen, wie warm oder kalt das Meerwasser an einer bestimmten Stelle ist. Die Temperatur des Wassers hat großen Einfluss auf die Tier- und Pflanzenwelt. In der Umgebung einer Flussmündung ist es nicht immer klar, an welcher Stelle welche Temperatur vorherrscht oder wie sich die Temperaturen über die Jahreszeiten verändern. Auch die Ostsee hat zahlreiche Zuflüsse, die kaltes, frisches Süßwasser der See zuführen. Natürlich könnten traditionelle Temperaturmessungen mit Thermometern in unterschiedlichen Tiefen durchgeführt werden. Um ein dreidimensionales Bild von der Temperaturverteilung zu bekommen, müssen jedoch viele Messungen vorgenommen werden. Dies kostet Arbeitszeit und benötigt ein Boot. Weiterhin kann nie gleichzeitig an allen Messpunkten die Temperatur aufgenommen werden. Auch das Mitschleppen einer Vielzahl von Temperatursensoren hinter einem Boot ist kostspielig. Die Forscher um Prof. Ulf Bamstedt vom Umeå Marine Science Centre, Schweden, haben jedoch zusammen mit dem Swedish Institute of Computer Science (SICS) in Stockholm eine flexiblere, kostengünstigere Lösung gesucht, welche zudem im Meer auch längere Zeit verbleiben kann und deren Verlust finanziell verschmerzbar wäre.

Die Wahl ist auf ScatterWeb gefallen, nicht nur wegen der Flexibilität und einfachen Konfigurierbarkeit, sondern auch wegen des günstigen Preis-/Leistungs-Verhältnisses. Zusammen mit dem ScatterWeb-Team ist eine Lösung erarbeitet worden, die vereinfacht in Abbildung 3 dargestellt ist.

Auf dem Meer schwimmen Bojen, an denen eine unterschiedliche Zahl von Sensoren wie an einer Perlenschnur aufgereiht im Wasser hängt. Abbildung 3 zeigt das Grundprinzip im Querschnitt. In jeder Boje befindet sich ein Sensorknoten mit Funkmodul und Energieversorgung. Dieser Sensorknoten kann mit den Nachbarbojen über Funk in Kontakt treten und seine Messwerte übermitteln. Mindestens eine Boje benötigt einen Übergang in das GPRS-Netz zur Übertragung der Daten auf das Festland. Gerade in skandinavischen Ländern ist eine Netzabdeckung mit Mobilfunk auch auf weiten Bereichen der Ostsee vorhanden, so dass dies eine einfache Möglichkeit der Datenübertragung ist. Entsprechende Software in den Bojen kann bereits eine Vorverarbeitung der Daten vornehmen (wie Mittelwertbildung, Kompression), damit weniger Daten über GPRS übertragen werden müssen und so Kosten gespart werden können.


Abbildung 3: An Bojen wird eine unterschiedliche Anzahl von
Sensoren befestigt

An jeder Boje hängt eine beinahe beliebige Anzahl von Sensoren zur Aufnahme der Temperatur. Ermöglicht wird dies über einen so genannten RS485-Bus. Werden auf Grund einer größeren Wassertiefe mehr Sensoren gebraucht, die typischerweise im Abstand von einem Meter angebracht werden, so können einfach weitere Sensoren angekoppelt und so die Perlenschnur verlängert werden. Beim hier gewählten Bussystem werden nicht mehr Kabel benötigt, da alle Temperatursensoren an der gleichen Leitung hängen. Den Abschluss der Kette bildet ein Anker oder ein Gewicht. Der Sensorknoten in der Boje kann die gesamte Kette von Sensoren ein- und ausschalten, die Werte einzelner Sensoren abfragen oder Sensoren neu konfigurieren, da jeder Sensor einen kleinen Prozessor hat. Die Preise pro Modul liegen dabei unter 50 Euro, da unter anderem auf Temperatursensoren mit hoher absoluter Genauigkeit verzichtet werden kann. Stattdessen weisen die Sensoren lediglich eine sehr hohe relative Genauigkeit von +/- 0,0325 Grad auf und müssen vor der ersten Nutzung kalibriert werden. Dazu wird die Boje samt der Kette von Sensoren auf eine definierte Temperatur gebracht. Danach messen alle Sensoren die Temperatur und der Sensorknoten in der Boje speichert die Temperaturdifferenzen pro Sensor lokal ab. So kann auch mit sehr günstigen Sensoren eine hohe Genauigkeit erzielt werden.

Die Installation des Systems ist denkbar einfach. Die Bojen mit den daran hängenden Ketten von Sensoren werden einfach zu Wasser gelassen. Danach finden sich die Bojen automatisch per Funk und können mit der Erfassung der Wassertemperatur beginnen. Die Boje mit GPRS-Modul sammelt die Daten der anderen Bojen und leitet die Daten an die Station auf dem Festland weiter. Ausfälle von einzelnen Bojen oder Sensoren werden automatisch erkannt, jedoch kann das Gesamtsystem trotzdem weiter arbeiten – solange eine Boje noch mit einer weiteren in Richtung der Datensenke, also der Boje mit Festlandverbindung, Kontakt hat. Auf dem Festland findet dann der Übergang ins Internet statt. So kann von jeder beliebigen Stelle der Welt aus auf die dreidimensionale Temperaturverteilung zugegriffen werden.

Während die Meeresforscher der Universität Umeå für die Seewassertauglichkeit der Systeme und die Durchführung des Experiments zuständig sind, entwerfen die Forscher am SICS vorrangig Software, welche die ScatterWeb-Plattform an diese spezielle Aufgabe anpasst. Das Team der Arbeitsgruppe Computer Systems & Telematics der Freien Universität hat die Basissoftware und die Hardware für das Projekt entwickelt.

Abbildung 4 zeigt den Sensorknoten, wie er in die Bojen eingebaut wird. Zu sehen sind das Funkmodul, ein einfacher Prozessor und der Anschluss für die Kette von Temperatursensoren. Ein Temperatursensor ist in Abbildung 5 dargestellt.


Abbildung 4: Sensorknoten, wie er in die Bojen eingebaut wird
Abbildung 5: Temperatursensor

Wesentliches Merkmal sind die beiden Anschlüsse für die Kette von Sensoren. Ein Sensor wird also einfach zwischen zwei Kabel gesteckt. Der lokale Prozessor kann bereits zur Auswertung der Messdaten verwendet werden und gibt dem Knoten eine eindeutige Kennung. Beinahe kaum auszumachen ist hingegen der Temperatursensor. Natürlich ist die Hardware wie in den Abbildungen dargestellt nicht seewassertauglich. Aus diesem Grund wird die gesamte Kette von Sensoren noch in einen Schrumpfschlauch verpackt, der das System hermetisch gegen das Eindringen von Wasser versiegelt, ohne dabei die Messwerte zu beeinträchtigen.

Derzeit läuft der Test der Prototypen, um sowohl Hardware- und Software als auch die Seewassertauglichkeit des Systems zu testen. Im Frühjahr 2005 wird das System in der Ostsee vor Umeå in den Dauerbetrieb gehen.

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